Nach den gesundheitlichen geraten nun immer mehr die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie in den Fokus. Dabei wird die Unternehmenswelt von den Medien in zwei Kategorien geteilt: Die unzähligen Opfer und die paar wenigen Krisengewinner – wobei die IT generell zur zweiten Kategorie gezählt wird. Dank inside-channels.ch wissen wir allerdings, dass dies eine einseitige Betrachtung ist und es auch hier sehr grosse Unterschiede gibt.

Ich schätze ja unsere klein strukturierte und dezentrale Wirtschaft enorm und betrachte sie als unverzichtbaren Teil des Erfolgsmodells Schweiz: Rund die Hälfte aller Schweizerinnen und Schweizer sind – soweit nicht vom Staat besoldet – in einem Mikro- oder in einem Kleinunternehmen (unter 50 Mitarbeitende) angestellt. Wie in der Politik sorgt auch hier die Kleinteiligkeit für engen Kontakt und Austausch zwischen den Stakeholdern. In diesen Firmen haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer zwangsweise enge persönliche Beziehungen, was Respekt und gegenseitige Wertschätzung fördert – oder zumindest Verständnis für die Zwänge und Nöte der anderen Seite.

Viele Kleinstbetriebe leisten ausserordentlich wichtige Arbeit und wirken geradezu als Schmiermittel der Volkswirtschaft. Oft sind sie es, die in besonderen Situationen Dienste anbieten können, für welche die Kolosse nicht agil oder kostengünstig genug sind. Von diesen „Putzerfischen“ der Wirtschaft gibt es gerade in der IT sehr viele. Aber von ihnen spreche ich heute nicht, sondern von den anderen.

Nach drei Wochen pleite

Die Corona-Krise offenbart nämlich, dass es einen Bodensatz gibt, der in guten Zeiten nicht gross auffiel, nun aber jedoch plötzlich als Grossrisiko aufpoppt. Ich spreche von den unzähligen Mikrounternehmen, die bereits nach drei Wochen Lockdown nicht mehr in der Lage sind, nicht nur ihre Rechnungen oder Löhne zu bezahlen, sondern überhaupt, den Lebensunterhalt der Inhaber zu bestreiten. Es sind in der Regel Selbstständigerwerbende mit keinen oder ganz wenigen Angestellten, die nun mit dem Rücken zur Wand stehen. Ich spreche da nicht von Startups, sondern von Betrieben, die schon mehrere Jahre auf dem Buckel haben. Diese Corona-Opfer werfen sich nicht nur in den Medien in Pose, ich kann auch aufgrund von Rückmeldungen aus meinem beruflichen und privaten Umfeld bestätigen, dass sie (zu) zahlreich sind.

Lästige und unangenehme Pflicht

Unzählige solcher „Kleingewerbler“ bieten Dienstleistungen und Produkte an, für die es an einem tragfähigen Businessmodell und einer echten Nachfrage fehlt. Selbstverwirklichung und persönliches Wohlbefinden sind für sie einziger Massstab. Das Unternehmerische ist ihnen hingegen eine lästige, unangenehme Pflicht. Finanziell wursteln sie sich irgendwie durch. Bei der geringsten Eintrübung der Konjunktur bricht jedoch die Nachfrage nach ihren verzichtbaren Produkten des Luxuskonsums weg oder wird durch günstigere Angebote substituiert.

Tragisch ist, dass es ihnen vielfach an elementaren betriebswirtschaftlichen Kenntnissen fehlt. Investitionen, Abschreibungen, Rückstellungen, Margen – alles böhmische Dörfer. Das sind die Menschen, welche privat Benzinkosten mit Fahrzeugkosten gleichsetzen.

Folgerichtig wird auch kein Unterschied zwischen Umsatz und Gewinn gemacht – ist doch beides eigentlich dasselbe. Privatentnahmen und Eigenlohn sind ja auch positiv, sorgen sie doch dafür, dass ja kein grosser Kapitalstock entsteht – und den müsste man versteuern. Dass ein Unternehmen eine Durststrecke von ein paar Monaten überleben können muss, daran haben sie nicht einen Gedanken verschwendet. Reserven haben sie nicht. Resilienz ist ja schliesslich ein Fremdwort.

Ich rede mir ein, das seien alles Quereinsteiger ohne schweizerischen Lehrabschluss oder Matur, welche es eigentlich besser wissen müssten – einfach, damit mein Weltbild nicht zu sehr ins Wanken kommt…

Wer ist auf Dauer lebensfähig?

Ich bin sicher, wenn Sie sich ein wenig umschauen, treffen auch Sie auf das Nagelstudio für Perserkatzen, den Importeur von Linkshänder-Tassen für Veganer oder den Catering-Service für Baumhütten-Partys, denen aktuell das Wasser bis zum Hals steht.

So sehr wir darauf achten müssen, auf Dauer lebensfähige Betriebe und Arbeitsplätze möglichst zu erhalten, so sehr sollten wir auch keine Hand dazu bieten, Firmen ohne Substanz und Zukunft durchzufüttern. Nur schon, weil wir uns das nicht leisten können. Ich beneide hier die Politik (also uns alle!) nicht dabei, die Spreu vom Weizen zu trennen. Denn nur schon aufgrund des Mengengerüsts wird es diesmal nicht damit getan sein, einfach ein paar Dutzend Milliarden an die Bahnhofstrasse zu schicken.

Dieser Beitrag erschien in weitgehend identischer Form in meiner Kolumne “Von Hensch zu Mensch” auf inside-it.ch und inside-channels.ch. Photo by DESIGNECOLOGIST on Unsplash

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