Oft wird beneidet, wer zu einem Kongress oder einem Seminar geschickt wird. Doch selbst wenn die Location wunderschön, das Essen schmackhaft, die Drinks gediegen und das Networking nützlich sind, es bleibt ein gewichtiger Makel: Die Referate sind fachlich oft hervorragend, aber so dröge und langweilig präsentiert, dass man entweder einschläft oder auf die sozialen Medien im Mobiltelefon ausweicht.

Nun habe ich kein Rezept, wie man dieser Situation entgehen kann, aber ich möchte ein paar Gedanken dazu äussern, wie man seine eigenen Referate und Präsentationen auf ein Niveau bringt, das die Zuhörenden dazu bringt, sich an das Dargebotene positiv zu erinnern. Es geht also um Tipps für das klassische Referat an einem Kongress, im Verband oder an der Hochschule, bei dem ein vordefinierter Inhalt sachlich zu vermitteln ist und bei dem visuelle Elemente (typischerweise via PowerPoint oder ähnlich) eingesetzt werden.

Die goldene Regel

Natürlich dient ein Fachreferat dazu, Fakten, Beurteilungen und Erkenntnisse vom Referenten zu den Teilnehmenden zu transferieren. Daraus darf man nicht ableiten, dass es beim Referat um ein rein mechanisches Transportieren von Inhalten vom Referenten zu den Teilnehmenden geht.

Das Referat hat einen zentralen Unterschied zum geschriebenen Wort (Artikel, Essay, wissenschaftliches Paper etc.). Es findet synchron statt: Die teilnehmende Person muss den Inhalt genau dann und in dem Tempo aufnehmen, in welchem es die Referentin ausliefert.

Es ist daher noch wichtiger als bei schriftlicher Kommunikation, dass Teilnehmende genau zu diesem Zeitpunkt am Thema interessiert, zur Informationsaufnahme fähig und motiviert sind. Sie müssen sich Mühe geben wollen, dem Vortrag zu folgen. Dies kann man zwar mit Zwang zu erreichen versuchen (Strafe, Test im Anschluss), was aber eher selten sinnvoll und verantwortbar ist.

Um das richtige Mindset bei den Teilnehmenden zu erreichen, gibt es daher nur einen sinnvollen Weg: Du sollst nicht langweilen!

Metakommunikation ist zentral

Jeder Text (bzw. jede Kommunikation) vermittelt nicht nur fachlichen Inhalt, sondern auch metakommunikative Aspekte:

  • Wie sehe ich mich selbst?
  • Wie sehe ich meine Beziehung zum Gegenüber?
  • Welchen Appell richte ich an das Gegenüber?

Ich kann nicht vermeiden, dass jede meiner Äusserungen diese Elemente transportiert (Paul Watzlawick: «Man kann nicht nicht kommunizieren»). Also muss ich versuchen, meine Metakommunikation zu kontrollieren oder mir zumindest bewusst sein, dass sie in jedem Fall stattfindet. Aus diesem Grund muss der Text nicht nur inhaltlich/fachlich stimmen, sondern muss auch bezüglich Selbst- und Beziehungsaussage sowie Appellwirkung formuliert werden.

Das Referat hat sechs Aspekte, die alle optimiert werden müssen, um das bestmögliche Resultat zu erreichen. Es zählen:

  1. das Setting;
  2. der (fachliche) Inhalt;
  3. der Text/das Manuskript; (nie vorher abgeben)
  4. die (audio-)visuellen Elemente;
  5. der Vortrag und
  6. der Entwicklungsprozess.

Die nachfolgende Checkliste listet für jeden dieser Aspekte auf, worauf es ankommt. Soweit sinnvoll sind auch ein paar Pro-Tipps eingestreut.

Das Setting

  • In welchem Rahmen spreche ich genau? Wie viele Leute mit welchem Hintergrund?
  • Ist mein Thema in diesem Kreis kontrovers? Muss ich mit Gegenstandpunkten rechnen (in anderen Referaten vorher, oder in einer Fragerunde)?
  • Wie viele sprechen vor mir, und worüber? (Pro-Tipp: Vermeiden, unmittelbar vor dem Apéro oder Essen zu sprechen. Die Gefahr ist gross, dass andere überziehen und man dann zusätzlich unter Druck steht.)
  • Wie gross ist der Raum und welche technische Infrastruktur kann ich verwenden? (Pro-Tipp: Frühzeitig abklären, ob eine Lautsprecheranlage eingesetzt wird. Merke: Referate mit einem Mikrofon in der Hand sind bezüglich Gestik und Blättern schwieriger!)
  • Gibt es nachher eine moderierte oder unmoderierte Frage-/Diskussionsrunde? (Pro-Tipp: Inhalte, die man nicht im Referat unterbringen kann, durch eine Kollegin im Plenum als Frage ansprechen lassen.)
  • Klären, was mit dem Referat passiert. Wird es irgendwo in extenso oder zusammengefasst publiziert? (Pro-Tipp: Sofern möglich für die Publikation Anpassungen zum Originalvortrag vornehmen lassen, da die Publikation asynchron erfolgt, womit andere Regeln gelten).

Der Inhalt

  • Der Inhalt sollte möglichst präzis auf die Zielgruppe zugeschnitten werden. Je höher das Wissensgefälle zwischen Referierendem und Teilnehmenden ist, desto anspruchsvoller ist die Formulierung des Inhalts.
  • Welches allgemeine Wissens- und Bildungsniveau darf vorausgesetzt werden?
  • Welches fachliche Vorwissen ist vorhanden (zum Beispiel auch Lektüre/Dokumentation vor dem Anlass)?
  • Wer spricht unmittelbar vor mir und worüber? Ein sinnvoller Übergang hilft den Teilnehmenden, gut einzusteigen.
  • Da das Thema oft viel «grösser» als das Zeitbudget ist, müssen die Inhalte priorisiert werden. Was ist zentral, was kann im Zweifelsfall weggelassen werden?
  • Wie soll der Inhalt im Ablauf gegliedert werden? Was ist mein Narrativ?
  • Womit beginne ich am besten? (Pro-Tipp: Mit einem «Knaller» beginnen, der aufrüttelt, irritiert oder gwundrig macht. Damit erzeuge ich zusätzliche Aufmerksamkeit.)
  • Mit einer möglichst kurzen Zusammenfassung aufhören, am besten in einem Satz. (Pro-Tipp: Abschluss mit einem auffälligen Content, der die Teilnehmenden ins Hier und Jetzt zurückholt. Falls geeignet verbunden mit einem Call to Action.)

Der (mündliche) Text

  • Der Text muss einen dramaturgischen Ablauf haben, dem leicht zu folgen ist. Wie dies erreicht wird, hängt stark vom Thema ab und welches Narrativ gewählt wurde: Vom Allgemeinen zum Besonderen, zeitlicher Ablauf, Struktur der Quelle, Steigerung etc.
  • Die Sprache soll einfach und prägnant sein, die Sätze möglichst kurz.
  • Fachvokabular darf (bzw. soll!) eingesetzt werden, wenn die Zielgruppe mit ihm vertraut ist.
  • Quellen nicht ausführlich, sondern nur mit Kurzbezeichnung benennen (aber bei Bedarf in Bibliografie oder auf den Folien angeben).
  • Zitate in anderen Sprachen nur vorlesen, wenn man sie einigermassen beherrscht, sonst lieber auf eine Übersetzung ausweichen bzw. paraphrasieren.
  • An geeigneten Stellen sollte man Kunstpausen vorsehen (im eigenen Manuskript markiert), zum Beispiel bei rhetorischen Fragen.

Das Visuelle

  • Kein Inhaltsverzeichnis an den Anfang stellen. Dies schwächt die Dramaturgie, kostet Zeit und führt zu Wiederholungen. Ein kurzer Hinweis im mündlichen Text reicht, wenn überhaupt. (Pro-Tipp: Damit beginnen, was man nicht vortragen wird, kann ein effektvoller Einstieg sein.)
  • Möglichst wenig Text, möglichst viele Bilder (oder Audio oder Video).
  • Ruhiger Hintergrund, konsistente Gestaltung (mittels Template), möglichst wenig unterschiedliche Schriftarten, keine mehrfachen Hervorhebungen: Schriftgrösse, Schriftfarbe, unterstrichen, fett, kursiv. Am besten nur eine Schriftart verwenden (oder eine zweite für die Titelei).
  • Grafiken und Tabellen können wertvoll und hilfreich fürs Verständnis sein. (Pro-Tipp: Aufpassen beim Einkopieren von Excel-Inhalten, dass keine unerwünschten Verlinkungen und Designübernahmen erfolgen!)
  • Möglichst nicht einfach die Standard-PowerPoint-Vorlage verwenden, wirkt unprofessionell und kommuniziert Unerfahrenheit.
  • Nie vorlesen, was auf der Folie steht (ausser im wissenschaftlichen Kontext bei Originalzitaten). Dies langweilt sehr, da die Teilnehmenden viel schneller lesen als man vortragen kann.
  • Möglichst scharfe Kontraste verwenden (Text auf Hintergrund, Bilder), da Beamer Farben massiv verfälschen können, was fast nicht vorhersehbar ist, wenn man es nicht testen kann.
  • Text nie unter 18 Punkt (ausser bei Credits oder Copyright-Vermerken).
  • Animationen können helfen, ein Detail zu betonen, oder einen Bildaufbau vorzunehmen. Sowohl beim Folienübergang als auch bei den Animationen in einer einzelnen Folie unbedingt die verspielten Animationen vermeiden, die PowerPoint ermöglicht. Also nur «Erscheinen» und «Verblassen» verwenden, weil es sonst zu sehr ablenkt.

Der Vortrag

  • So laut sprechen, dass man es auch hinten hört, möglichst deutliche Aussprache und Diktion. Wenn man sich anstrengen muss, den Referierenden akustisch zu verstehen, kann man dem Inhalt weniger Aufmerksamkeit schenken. (Pro-Tipp: Wenn möglich austesten, wobei zu beachten ist, dass Publikum viel Schall absorbiert und man lauter sein muss als im leeren Raum.)
  • Immer wieder konkrete Menschen im Publikum anschauen, einerseits, um eine Beziehung aufzubauen, andererseits, um zu sehen, wie die Reaktionen sind. Je besser man geübt hat, desto besser schafft man dies. (Pro-Tipp: Manuskript oder Notizen gross ausdrucken, mindestens 14-Punkt-Schrift, je nach Sehschärfe…)
  • So sattelfest sein, dass man bei Unterbrechungen, Zwischenrufen, technischen Problemen oder ähnlichem nicht den Faden verliert (Manuskript/Stichworte griffbereit). (Pro Tipp: Bei Störungen, zum Beispiel wenn plötzlich zwei Teilnehmende beginnen, miteinander zu sprechen, oder jemand telefoniert: Einfach mit dem Sprechen aufhören, auf diese Personen schauen, so lange, bis das Publikum und die Störenden realisieren, was los ist, und wieder Ruhe herrscht.)

Der Entwicklungsprozess

  • Sich vor Beginn der Arbeit eine bestimmte Person vorstellen (fiktiver Avatar oder realer Mensch), welche am Vortrag teilnehmen wird, und sich immer wieder überlegen, wie sie konkret auf die Elemente des Referats reagieren würde /wird.
  • Technische Formate müssen geklärt sein: Betriebssystem, Software, 2:3 oder 9:16 Bildschirm? Auflösung? Leistungsfähigkeit des Netzes?
  • Oft gibt es besondere Fristen für das Einreichen der Folien und audiovisuellen Mittel. Das Referat muss also bereits dann fixfertig sein, da Änderungen nur noch schwierig sind, wenn sie sich auf Präsentationsmittel auswirken. Manchmal muss auch vorweg ein Manuskript abgegeben werden. (Pro-Tipp: Unbedingt vermeiden, dass Folien oder Manuskripte vorher den Teilnehmenden vorliegen, damit wird der dramaturgische Aufbau sabotiert!)
  • Üben, üben, üben. Am besten mit Stoppuhr und auch einmal vor Dritten, und auch unter Einsatz aller technischen Mittel. Dabei ist zu beachten, dass man vor Publikum in der Regel rund 10-20% langsamer vorträgt, als wenn man allein im stillen Kämmerlein übt. (Pro-Tipp: Auch Personen, die vom Thema nichts verstehen, können beurteilen, ob ein Referat funktioniert!)

Zum Schluss

Nochmals die goldene Regel: «Du sollst nicht langweilen.»

Illustration: Dall-E

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