Es ist wieder so weit: Die Auguren in Bundesbern überbieten sich gegenseitig mit Spekulationen, wer in die Landesregierung nachrücken soll. Der „diskriminierte“ Daniel Jositsch? Die „Ausländerin“ Michèle Blöchliger? Oder doch eher der behäbige Albert Rösti? Und wann kommt endlich eine Mutter mit kleinen Kindern in den Bundesrat?

Das soll uns hier weniger kümmern als die – bisher in den Medien nicht thematisierte – Tatsache, dass die beiden verwaisten Departemente für die ICT-Wirtschaft besonders zentral sind, da sie mindestens je drei Bundesämter aufweisen, welche wesentlichen Einfluss auf unsere Branche haben.

Beim Finanzdepartement von Ueli Maurer geht es um das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT), um das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) und um die Eidgenössische Steuerverwaltung. Im Uvek von Simonetta Sommaruga interessiert uns vor allem das Bundesamt für Energie (BFE), das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) sowie das Bundesamt für Umwelt (Bafu).

Finanzdepartement: Ungenügend

Das Finanzdepartement und seine Ämter sind in der Branche zentrale Akteure. Einerseits sind sie wichtige Arbeitgeber und beeinflussen so den Arbeitsmarkt für Informatiker, andererseits sind sie wichtige Auftraggeber. Auch wenn in absoluten Zahlen das Beschaffungsvolumen der Informatik beim VBS und beim UVEK höhere Summen ausmacht, so sind doch das Finanzdepartement und seine Ämter BIT und BBL am Drücker, weil beim Departement das Beschaffungscontrolling angesiedelt ist und dort die Prozesse massgeblich gesteuert werden.

Blicken wir auf die Ära Maurer zurück, lässt sich sagen, dass es dank Gesetzesrevisionen im Beschaffungswesen zwar vorwärts ging und auch die Koordination mit den Kantonen verbessert wurde. Aber es gibt immer noch grosse Unzulänglichkeiten, weil aus Angst oder aus Inkompetenz die Prozesse zu lange dauern und der Formalismus Urständ feiert. Erst gerade wieder haben in den sozialen Medien verschiedene Exponenten der Branche bekräftigt, dass sie sich an Ausschreibungen des Bundes (und der übrigen öffentlichen Hand) schlicht nicht mehr beteiligen würden, weil der Aufwand unverhältnismässig sei.

Der Bund setzt überdies weiterhin auf meines Erachtens rechtswidrige Rahmenverträge ohne Vergabepflicht. Er schreibt aus, obwohl nicht klar ist, was und in welchem Umfang benötigt wird. Dieses Verfahren führt fast zwangsläufig zu ungenügenden und nicht durchdachten Leistungsbeschreibungen. Anstelle der Ausschreibung von konkreten und messbaren Funktionalitäten und Projektzielen werden so faktisch Personalverleihverträge abgeschlossen – und Steuergeld verschwendet.

Auch was das Steuerrecht anbelangt, hätte ich mir mehr erhofft. In für die Innovationskraft der Branche wichtigen Bereichen wie Blockchain oder Startup-Besteuerung gab es zwar Fortschritte, aber es fehlt an Vision und Drive. Ein Bundesrat mit einer stärker zukunftsgerichteten Vision als Ueli Maurer hätte mehr herausgeholt.

Das Uvek: Ein Trauerspiel

Nachdem ich mich erst letzten Monat an dieser Stelle ausführlich über die Energiepolitik und damit über den blamablen Leistungsausweis von Uvek und BFE ausgelassen habe, überspringe ich es hier. Und ich bin mir bewusst: Nicht alles kann Bundesrätin Sommaruga angelastet werden, da sie erst 2018 übernahm.

Im Umweltbereich steht die Klimapolitik im Vordergrund. Dabei fällt auf, wie sehr das Bundesamt eine Politik verfolgt, welche uns alle von der staatlichen Giesskanne abhängig machen will. Dabei haben die zukunftsorientierten Unternehmen (also vor allem die ICT-Branche) längst begriffen, was es geschlagen hat. Sie tut sehr viel, um ihren CO2-Fussabdruck zu reduzieren. Langfristig tiefere Kosten sowie eine bessere Reputation bei Kunden und Mitarbeitenden mögen keine uneigennützigen Motivationen sein, aber was soll’s: Es geht nicht um die gute Absicht, sondern um die erfolgreiche Tat.

Der etatistische Reflex des Bafu spielt auch beim Versuch des Amts, die erfolgreichen freiwilligen Rücknahmesysteme für Elektroschrott zu verstaatlichen – ohne jede Notwendigkeit.

Als besonders verheerend erweist sich die Umweltpolitik im Bereich 5G, wo das Bafu am Gängelband von aktivistischen Verschwörungstheoretikern alles unternimmt, um via Strahlenverordnung eine wichtige Zukunftstechnologie zu sabotieren.

Dies führt uns noch zum Bakom, das im Bereich Strahlen ebenfalls eine Rolle spielt. Das Amt, das in früheren Jahren viel für die erfolgreiche Entwicklung der Telekom-Branche geleistet hat, ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Zwischen internationalen Konferenzen und Konsumententipps gibt sich das Amt lifestylig beliebig.

Aufbruch notwendig

Die nun entstehende Doppelvakanz ist vor dem Hintergrund dieser Bestandesaufnahme ein Segen, weil damit das Feld möglicher Departmentschefs für diese beiden wichtigen Bereiche breiter ausfällt. Hoffen wir, dass die Bundesversammlung und dann das Gremium selbst bei der Ämterverteilung die Weichen geschickt stellt.

Zurück zum Kandidatenkarussell: An einem Treffen mit Public-Affairs-Leuten letzte Woche wurde darüber spekuliert, wie nun wohl bei den Bundesämtern in den beiden Departementen das grosse Hoffen und Bangen im Hinblick auf die Ämterverteilung im Bundesrat losgeht. Ich konnte zum Glück Entwarnung geben: Den Chefbeamten ist es vollkommen egal, wer unter ihnen Bundesrat ist.

Dieser Beitrag erschien in weitgehend identischer Form in meiner Kolumne “Von Hensch zu Mensch” auf inside-it.ch und inside-channels.ch. Photo by Martin Zenker on Unsplash

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